WHITEPAPER

Cum/Ex: Whitepaper beleuchtet Rückgriffsszenarien sowie Risiken von Doppelbelastung und Schadensüberkompensation

Neue Probleme und komplexe Fragestellungen

Cum/Ex-Geschäfte stehen seit vielen Jahren in der öffentlichen Diskussion. Dabei war lange Zeit unklar, ob und wie sich Beteiligte an Cum/Ex-Geschäften strafbar gemacht haben, und wie etwaige fiskalische Rückgriffsszenarien zwischen den verschiedenen Beteiligten abgewickelt werden. Diese Ungewissheit hat bei vielen der potentiell Beteiligten zu Überlegungen dazu geführt, in welcher Form einerseits Risiken einer Inanspruchnahme bestehen und andererseits, wie solche Risiken weitergegeben werden können. Angesichts des Umfangs vieler Cum/Ex-Geschäfte und der mittlerweile aufgelaufenen Zinsen handelt es sich in aller Regel um erhebliche, wenn nicht sogar existenzvernichtende Risiken. Die Nervosität ist groß, viele Fragen sind ungeklärt.

BGH: Cum/Ex-Geschäfte sind strafbar

Wie so oft gilt, dass sich hinter einer aus Öffentlichkeitsperspektive eindeutigen Beurteilung juristisch eine differenzierte Sachlage verbirgt. Selbst die so eindeutig vorgenommene mediale Einordnung, dass es sich hierbei um Steuerhinterziehung handelt, wurde erst im Sommer 2021 auch höchstrichterlich bestätigt. Demnach sind Cum/Ex-Aktiengeschäfte als Steuerhinterziehung zu bewerten und damit strafbar. Das entspreche nicht nur dem Gerechtigkeitsempfinden, sondern ergebe sich auch unmittelbar aus dem Gesetz, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch in Karlsruhe (Az. 1 StR 519/20).

Risiken von Cum/Ex-Transaktionen: Doppelbelastung und Überkompensation

Dieses Urteil markiert nur einen Höhepunkt der gerichtlichen Aufarbeitung der Cum/Ex-Thematik. Seitdem vor mehr als zehn Jahren erste Kenntnisse über die umfassenden Aktivitäten von Finanzakteuren und anderen Anlegern im Rahmen von Cum/Ex-Transaktionen und deren steuerlichen Auswirkungen an die Öffentlichkeit gelangt sind, haben die wissenschaftliche und die justizielle Aufarbeitung von „Cum/Ex“ immer mehr an Fahrt aufgenommen. Inzwischen existieren eine Vielzahl von Publikationen sowie einige gerichtliche Entscheidungen, u.a. zur Strafbarkeit der Beteiligten wegen Steuerhinterziehung und der Einziehung der aus der Tat erlangten Erträge1, zur Steuerrechtswidrigkeit erfolgter Kapitalertragsteueranrechnungen2 und zum zivilrechtlichen Regress unter den Beteiligten3.

Wenig beleuchtet ist bisher das Zusammentreffen der unterschiedlichen Ansprüche aus Strafrecht, Steuerrecht und Zivilrecht. Insbesondere besteht hier einerseits das Risiko der Doppelbelastung eines Beteiligten und andererseits der Überkompensation des staatlichen Schadens. Dieser komplexen Sachlage widmet sich das Whitepaper von Dr. Carolin Sabel, das auf einer umfassenden aktuellen Veröffentlichung der Autorin in Zusammenarbeit mit Dr. Carsten Kusche zum selben Thema basiert.

Aus dem Beitrag geht hervor: Wird eine Vermögensabschöpfung im Wege der ordnungswidrigkeitsrechtlichen Einziehung oder Geldbuße vorgenommen, kann das geltende Recht die Doppelbelastung und Schadensüberkompensation nicht ausreichend vermeiden. In der Fallkonstellation, in der dem Fiskus als Verletztem der Anknüpfungstat der Vermögensabschöpfung mehrere Beteiligte der Cum/Ex-Transaktion steuerlich als Gesamtschuldner haften, fehlt es an gesetzlichen Regelungen, die verhindern, dass bei einem Beteiligten eine Vermögensabschöpfung und bei einem anderen eine steuerliche Haftung durchgesetzt werden und der Abschöpfungsadressat anschließend durch den Gesamtschuldnerregress des in Anspruch genommenen Gesamtschuldners neben der Vermögensabschöpfung mittelbar auch mit der steuerlichen Haftung belastet wird.

Dieses Ergebnis ist mit dem Zweck der Vermögensabschöpfung nicht vereinbar. Es sollte daher zum einen durch die mindernde Berücksichtigung auch nicht rechtskräftig festgestellter Drittansprüche im Rahmen der Festsetzung des ordnungswidrigkeitsrechtlichen Abschöpfungsbetrags und zum anderen durch die doppelt analoge Anwendung von § 99 Abs. 2 OWiG auch auf Fälle, in denen der Abschöpfungsadressat nicht durch den Verletzten, sondern durch einen Dritten in Anspruch genommen wird, vermieden werden.

Einen Überblick über die sich ergebenden Ansprüche und Überlegungen zum Umgang mit diesem Risiko finden Sie in dem Whitepaper von Dr. Carolin Sabel, das Sie gerne hier herunterladen können:

1 BGH Urt. v. 28.07.2021 – 1 StR 519/20.
2 BFH Urt. v. 16.04.2014
 – I R 2/12; FG Hessen Urt. v. 10.2.2016 – 4 K 1684/14, Urt. v. 10.03.2017 – 4 K 977/14, Beschl. v. 06.04.2021 – 4 V 723/20.
3 LG Frankfurt a. M. Urt. v. 23.09.2020 – 2/18 O 386/18; OLG Frankfurt a. M. Urt. v. 02.07.2020 – 1 U 111/18.

Über die Autorin

Frau Dr. Carolin Sabel ist Salary Partnerin bei Kantenwein in München und beschäftigt sich vorwiegend mit Fragestellungen aus dem Bereich Commercial Dispute Resolution. In der jüngeren Vergangenheit hat sich Frau Dr. Sabel in einer Reihe zivil- und steuerrechtlicher Fallgestaltungen mit einer Vielzahl von Fragestellungen zur rechtlichen Beurteilung von Cum/Ex-Transaktionen befasst. Hierzu gehören insbesondere Fragestellungen zur Haftungsverteilung zwischen den verschiedenen Beteiligten einer Cum/Ex-Transaktion sowie übergreifender Betrachtungen im Zusammenhang mit der Schadensliquidation.
 

Ihre Fragen zu Rückgriffsszenarien und potentiellen Cum/Ex-Doppelbelastungen

Bei Interesse an einer Beratung zu diesem Themenkomplex stehen Ihnen Dr. Carolin Sabel und Dr. Alexander Kröck gerne als Ansprechpartner zur Verfügung. Hinsichtlich der steuerstrafrechtlichen Hintergründe bitten wir um Kontaktaufnahme mit Dr. Rainer Spatscheck.